Bildung Brennt ist eine neue Vernetzung und Plattform verschiedener Gruppen, die sich gemeinsam für freien Bildungszugang und gegen drohende Verschlechterungen einsetzt. Bildung Brennt hat sich Ende 2020 aufgrund der anstehenden Universitätsgesetznovelle (#ugNOvelle) gebildet. Die Plattform will Abbau von demokratischen Strukturen, Eingriffe seitens der Politik in freie Bildungsstrukturen sowie Verschlechterung der Situationen für Angestellte und Studierende verhindern. Inzwischen gibt es österreichweit mehre Regionalgruppen und Arbeitskreise. Es gab in den letzten Wochen mehrere Aktionen, eine Petition mit mehr als 25.000 Unterschriften sowie Demonstrationen in mehren Städten, bei denen achtsam, mit Abstand und Maske, demonstriert wurde. Wir haben die Aktivist:innen von Bildung Brennt um einen kurzen Text über ihre Pläne und die nächsten Wochen gebeten.

Wir stellen vor: Bildung Brennt

Liebe Nachbarschaftzeitung, liebe Leser:innen der ersten Ausgabe!

Wir freuen uns sehr über eure Anfrage.

Als Bildung Brennt haben wir uns Ende des Jahres 2020 formiert, um gemeinsam eine neue Organisierung im Bildungsbereich zu starten. Wir finden es wichtig, dass Studierende, Lehrende und Schüler:innen sowie alle, die im Bildungsbereich tätig sind, sich miteinander austauschen.

Das Vorgehen der Regierung, mitten in einer Pandemie mit der UG-Novelle einen groß angelegten Angriff auf die Unabhängigkeit der Universitäten zu starten, erfüllt uns mit Wut. Es soll zudem zu einer massiven Verschlechterung der Situation von Studierenden und bereits jetzt unsicher angestellten Lehrenden kommen. Studierende sollen, sollte es ihnen nicht gelingen 16 ECTS, also 400 Stunden Leistung, binnen der ersten zwei Jahre zu erbringen, für zwei Jahre vom Studium gesperrt werden. Lehrende und befristet angestellte Forscher:innen verlieren die Möglichkeit wieder angestellt zu werden, wenn sie nach acht Jahren keine fixen Verträge bekommen und werden dann ebenfalls gesperrt.

Die Novelle wurde über die Feiertage und Ferienzeit in die parlamentarische Begutachtung geschickt und das obwohl es bereits zuvor massive Bedenken von Verfassungsjurist:innen gab und gibt.

Wichtig ist es uns dabei, zu betonen, dass die neuen geplanten Verschlechterungen Teil einer Reihe an Einschränkungen im Bildungsbereich sind. Seit 1998 geht es zunehmend Richtung Verwertbarkeit und somit einem erschwerten Zugang zu Bildung. Es gibt Studiengebühren für alle, die nicht schnell genug studieren. Personen, die nicht aus der EU oder dem EWR kommen, müssen gleich von Anfang an und sogar doppelt zahlen, haben zugleich aber nur eingeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt. Mitbestimmungsstrukturen wurden auch schon in den letzten Jahrzehnten massiv geschwächt. Obwohl Studierende die größte Personengruppe an der Universität sind, haben sie nur knapp ein Viertel der Stimmen. Professor:innen, die sowohl am meisten verdienen als auch die kleinste Personengruppe darstellen, haben die Hälfte aller Stimmen in den universitären Entscheidungsstrukturen.

Durch die Pandemie hat sich die Situation für Studierende und Lehrende massiv verschlechtert. Es gibt einen großen Anstieg an psychosozialen Erkrankungen. Wie in vielen anderen Bereichen der Gesellschaft geht allen langsam die Puste aus. Zugleich fehlt es immer noch, nicht nur an den Universitäten, sondern auch an den Schulen, an einem vernünftigen Umgang mit der Covid19-Krise. Rund ein Drittel der Lernenden kann nach wie vor, aufgrund von schwacher Internetanbindung und/oder fehlenden Arbeitsgeräten, nicht wie geplant am Unterricht teilnehmen. Hinzu kommen zusätzliche Belastungen, die sich für die vielen von uns die ihre (oftmals geringfügige) Arbeit verloren haben, alleinerziehend sind oder Pflege- oder anderen Tätigkeiten nachkommen müssen, ergeben. 

In Anbetracht all dieser Punkte hat es die Türkis-Grüne-Regierung vollkommen versagt, zu unterstützen – Es gab keine Hilfestellung, weder materiell noch finanziell. Und das, obwohl gerade für Personen mit Kindern im Schulalter und Studierende in dieser angespannten Situation Mehrfachkosten, seien es Druckkosten, technische Ausstattung, sozialer Support oder genügend zusätzliche Förderungen​​​​​​​ angefallen sind.

Die Regierung betreibt lieber trotz Krise gesellschaftlichen Umbau. Bereiche wie Kultur, Soziales, Bildung, Wohnen, Gesundheit und Wissenschaft sind seit Jahren unterfinanziert, stellen aber eine Basis unser aller Lebens und gesellschaftlichen Zusammenhalts dar. Diese Bereiche müssen ausfinanziert und Prioritäten somit richtig gesetzt werden.

Wir setzen uns daher für ein Bildungssystem ein, in dem alle die Bildung erhalten, die sie wollen und brauchen. Bildung muss für alle frei zugänglich sein. Es kann und darf nicht sein, dass in diesem und anderen Bereichen nur jene Personen Zugang bekommen, die leistungsfähig genug sind und über genügend Geld verfügen. Die #ugNOvelle, die viele dieser Punkte verschlechtert, soll trotz der Pandemie im März im Parlament beschlossen und ab Herbst umgesetzt werden. Dagegen werden wir protestieren. Wir rechnen mit einem brennend heißen Protestfrühling.

Wir stehen für eine grundlegend bessere Gesellschaft – eine in der ein gutes Leben für alle möglich ist. Für eine Welt, in der keine Person über andere bestimmen oder verfügen kann, in der alle die Möglichkeit haben gemeinsam Gesellschaft zu gestalten. Dies geht klarerweise über den Bereich Bildung hinaus, aber Bildung ist einer der Eckpfeiler um zu solch einer anderen Form des Miteinanders zu kommen.

Klar dabei ist – den Weg in Richtung einer solchen Gesellschaft – den schaffen wir nur miteinander und wenn sich viele in verschiedensten Bereichen dafür einsetzen. Wir laden daher dazu ein, sich gemeinsam zu organisieren!

Solidarische Grüße von

#bildungbrennt Februar 2021
www.bildung-brennt.at